Wenn man einen Vogel hat…


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Im Laufe der Jahre…

spielt man viele Rollen, und oft fragt man sich, wer man denn nun eigentlich sei. Bin ich der Sinologie-Student, der stolz darauf ist, etwas kompliziertes und spannendes zu lernen? Bin ich der Quereinsteiger, der sich in kaufmännischen Dingen und Mediengestaltung beweisen muss oder möchte? Bin ich der Projektleiter, der Kunden und Videoprojekte betreut? Bin ich verzweifelter Hans-Dampf-in-allen-Gassen oder begnadeter Allrounder? Nach all den Jahren beruflicher wie auch privater Exkursionen aller Art kann ich wohl für mich sagen: Am liebsten bin ich Comiczeichner.
Wieder eine neue Idee? Nein. Ein roter Faden!

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Das Leben als Comiczeichner hat ganz einfach angefangen. Ich habe im Kindergarten immer am liebsten gemalt. Draußen toben, auf die Schnauze fallen, Lesen, Kassetten hören, mit Freunden spielen – das war alles perfekt, aber Zeichnen war irgendwie immer etwas Besonderes. Es gab fast jeden Tag im Kindergarten einen Augenblick, in dem alle etwas gemacht haben, das auf dem Programm stand, und in dem ich trotzdem lieber zeichnen wollte, egal ob alleine oder in Gesellschaft. Ich bin meinen Kindergärtnerinnen und sämtlichen Kunstlehrerinnen und Kunstlehrern dankbar, dass sie das immer unterstützt haben!

Worauf ich aber hinaus will: Zeichnen war ein Bedürfnis und wenig später war es ganz speziell das Zeichnen von Comics. Mit 8 Jahren habe ich meine eigene Comicfigur erfunden, die nicht nur leicht zu zeichnen war, sondern auf die auch schon eine Schublade voller Abenteuer wartete: Tom Vogel. Tom ist ein anthropomorpher Vogel, der das Herz am rechten Fleck hat aber seine Herausforderung im Leben eher mit Glück als mit Bravour meistert. Bis ich 16 war, habe ich Tom und seinen Freunden, die in der Stadt Spatzbrück lebten, allerlei Stories auf den Leib geschrieben.

Dann kam die Krise: Wie soll ich denn anspruchsvolle Comics zeichnen, wenn ich nicht dazu in der Lage bin, Menschen zu zeichnen? Ich hatte das Gefühl, ich müsste bei Null anfangen, denn ein Portfolio, in dem keine Menschen aus dem Handgelenk geschüttelt werden, das will ja keiner sehen.
So ging also meine Schulzeit zu Ende und nach einer schroffen Ablehnung einer Hamburger Kunsthochschule… Moment, interessiert das noch jemanden?

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Worauf ich hinaus wollte: Tom Vogel hat mich immer begleitet. In Notizbüchern, auf Klassenarbeiten und natürlich in Comics und Zeichnungen, die sich aber generell um andere Dinge drehten. Unter anderem um ein Spatzbrück, das nicht mehr die Welt von Tom Vogel war, sondern die eines humanoiden Alter Egos, in Stories, die sich eher um seine neu erfundene Nichte Debbie drehten. Für diese Inkarnation hatte ich zwischen 2004 und 2014 immer wieder kleinere Strips oder lose zusammenhängende Comicseiten improvisiert.

Das waren Lebensphasen voller Widrigkeiten und so waren auch die damaligen Geschichten eher ein Ventil für Frust und den Dampf einer anstrengen Zeit, in der kaum Raum für Zeichnen blieb. Das Leben musste sich ändern!

Dabei wuchs in mir auch der Wunsch, zu meinen alten Ideen zurückzukehren. Da das mit Worten allein nur schwer zu vermitteln ist, habe ich das alles in meinem 24-Stunden-Comic von 2012 festgehalten, in dem ich mich selbst mit dem Problem konfrontierte.

Die komplette Geschichte gibt es als dritten Teil der Frosch-Trilogie hier zu lesen. Seit Ende 2012 waren Tom und ich also wieder auf einem Nenner, auch wenn ein langersehnter Jobwechsel, zwei Umzüge (ein jeder führte ein Stück weiter in die norddeutsche Heimat) und der Start meiner Comicserie Sturmboje zwischen uns und unserem ersten neuen Abenteuer lagen.

2017 war es dann soweit. Gemeinsam mit meinem Bruder habe ich für WHOA! Comics #11 die Spatzbrück Kurzgeschichte “Honigsüße Skills” geschrieben, in der ich alles ausprobiert habe, was ich mir für Tom und seine Freunde vorgestellt habe. Running Gags aus Comics, die ich mit 11 Jahren gezeichnet habe, offenherzige Anspielungen an meine Lieblings-Cartoonisten und prominente Rollen für Toms Nichte und ihren besten Freund Jack, die es ja zuvor nur als Menschen gegeben hatte. Das Feedback war echt super und dank der Unterstützung meiner Familie und meiner besten Freundin Katrin Felder, die auch noch die Farben übernahm, konnte ich mich voll auf die Story konzentrieren, ohne alles zu sehr zu vergrübeln.

Seitdem ist ein Jahr vergangen und vor einigen Monaten ist auf Spatzbrueck.de meine eigene Comictsripserie “Spatzbrück” gestartet – mit der tatkräftigen Unterstützung meiner Ko-Autoren Aljoscha Jelinek und Matt Kempke. Fast 30 Jahre, nachdem ich ihn das erste Mal gezeichnet habe, hat Tom Vogel endlich ein zu Hause gefunden. Ein Grund zum Feiern!

Habe ich Angst, dass ich mit 37 viel zu alt bin und eine Stripserie nicht wuppen kann? Dass der Zug abgefahren ist? Natürlich. Aber ich habe immer vor irgendwas Angst.
Doch langsam stellt sich beim Zeichnen das Gefühl ein, dass ich hatte, als ich im Kindergarten für mich gezeichnet habe: Ich habe Spaß dabei. Mehr Spaß als wenn ich anderer Leute Ideen umsetze. Und seit etwa 10 Jahren habe ich das, was mir in meiner Jugend gefehlt hat: Kontakt zu anderen Comiczeichnern und Autoren. Ein Hoch auf das Internet. Da fühlt man sich weder als Konkurrent noch als Einzelkämpfer sondern eben einfach als Comiczeichner. Mit allen Höhen und Tiefen, den Kopf voller Ideen und einem roten Faden… wenn man einen Vogel hat, hat man ihn halt ein Leben lang!

Ich darf hiermit also auch auf meinem neuen Blog nach ein paar Monaten Vorlaufzeit offiziell den Start des Comicstrips verkünden, den ihr auf deutsch und englisch und auch auf Twitter, Facebook und Instagram lesen könnt.

Ich habe mit dieser Ankündigung ein paar Monate gewartet, da mir klar war, dass ich während meiner Babypause (am 9. März kam meine Tochter zur Welt) nix posten werde, und nach Folge 10 erst einmal Pause war, aber nun geht es (wieder) los!

Danke für euer Interesse! 🙂
-Sebastian


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